Rezension Open Air 2024

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Open-Air wird Closed-Air

Der Wettergott war nicht gnädig: Das geplante Freilichtkonzert zum Saisonabschluss konnte am Sonntagabend im Von-Busch-Hof in Freinsheim nicht auf dem Hof veranstaltet werden. Es musste, wie so viele Veranstaltungen an diesem Tag, in den Saal verlegt werden. Der kann aber nicht ganz so viel Publikum aufnehmen. Der Innenraum war also voll. Und voll war auch die Bühne.

Von Inge Kirsch  
Dass die Bühne sogar ein Stück nach vorne verlängert werden musste, um für alle Musiker Raum zu schaffen, lag an der Größe des Orchesters. Diesen Part übernimmt beim Verein „Von-Busch-Hof konzertant“ zum Schluss der Konzertsaison traditionell das „Busch-Hof Consort“, das Orchester des Vereins, das durch die guten Kontakte des künstlerischen Leiters der Reihe, Rainer Schick, zustande kommt, denn der ist Solo-Oboist der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Dirigenten gibt es keinen, die Einsätze gibt der erste Geiger, die Profis aus dem Raum Rhein-Neckar bis Frankfurt und Mainz, benötigen keine weiteren Anweisungen.

Traumhafter Cello-KlangDas Programm war ganz französisch. Maurice Ravel, dessen „Boléro“ fast jeder kennt, schrieb das Stück „Le Tombeau de Couperin“ zunächst für Klavier zu vier Händen mit sechs Sätzen. Später orchestrierte er es und reduzierte die Sätze auf vier. Diese Version wird an diesem Abend gespielt. Wer bei der Bezeichnung „Tombeau“, also Grab, Trauermusik erwartet, begibt sich allerdings in die Irre. Es ist Erinnerungsmusik, nämlich an die Zeit der Barockmusik, an die von Couperin und seinen Zeitgenossen. Von diesem Komponisten des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts existiert eine „Forlane“ aus dem vierten der „Concerts Royaux“, das Ravel als Orientierung diente. Abgesehen vom ersten Satz, der „Prélude“, handelt es sich um Tänze. Davon ist das Menuett der bedächtigste, die anderen sind sehr bewegt, klingen nicht nach Trauer, sondern nach Lebensfreude.

Flirrende Musik, wechselnde Rhythmen, schnell sich verändernde Klangfarben faszinieren vom ersten Ton an. Die Oboe spielt eine große Rolle, Flöten und Klarinetten folgen, die Harfe verstärkt den Eindruck von Wind und Elfen in den Zweigen, der letzte Satz, der Tanz „Rigaudon“ endet mit großem Nachdruck des ganzen Orchesters.

Einer der Musiker, die der Verein „Von-Busch-Hof konzertant“ unter der Zuschreibung „unsere Künstler“ führt, tritt im Anschluss auf mit dem Cellokonzert Nr. 1 in a-Moll op. 33 von Camille Saint-Saëns. Es ist Julian Steckel, ein Pfälzer Gewächs (aufgewachsen in Pirmasens), inzwischen international bekannt zwischen Tokio und Malaga, Professor an der Münchener Musikhochschule, der mit berühmten Orchestern und Kollegen spielt und trotzdem immer wieder gerne in Freinsheim auftritt. Er spielt auf einem Instrument, das einen so traumhaft schönen Klang hat, dass man dafür keine Worte finden kann. Es stammt aus der italienischen Stadt der Streichinstrumentenbauer, Cremona, und wurde 1695 von Francesco Rugeri gebaut.

Als Zugabe den „Schwan“Dieses Cellokonzert von Saint-Saëns gilt als eines der beliebtesten, aber auch der schwierigsten des Genres. Ungewöhnlich ist der Beginn. Nach einem kurzen Akkord des Orchesters beginnt sofort das Cello. Auch besteht das Stück nicht aus mehreren Sätzen, sondern wird durchgespielt. Es beginnt mit sturmartigen Passagen, die übergehen in pastorale Klänge, in Bauerntänze, in Gesänge des Cellos, denen man nur mit Faszination lauschen kann. Die Begeisterung des Publikums war so groß, dass der Solist, nachdem er mehrfach unfallfrei von der verlängerten Bühne gesprungen war, eine Zugabe gab: Zusammen mit der Harfenistin spielte er den „Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“, ebenfalls von Saint-Saëns. Danach wieder: stürmischer Applaus!

Nach der Pause ein sehr bekanntes und beliebtes Stück, die Sinfonie C-Dur WD 33 von George Bizet. Bekannt und beliebt wurde sie allerdings erst nach dem Tod des Komponisten, der ja überhaupt die größten Erfolge, auch den seiner berühmten Oper „Carmen“, nicht mehr erlebte. Seine Sinfonie in C-Dur schrieb er als ganz junger Mann, im Alter von 17 Jahren. Sein Vorbild war die erste Sinfonie D-Dur von Charles Gounot. Das ist auch kein Wunder, hatte er doch kurz zuvor diese Sinfonie arrangiert für zwei Klaviere. Rossini und Mendelsohn waren weitere seiner Vorbilder. Bizets Talent für Dramatik, für den Verismo, kann man in diesem Konzert heraushören, eine Vorliebe für die Oboe, eine große Vielfalt der Emotionen und der verschiedenen Instrumentengruppen auch. Dass Bizet Opernkomponist werden würde, deutet sich hier schon an.

Ein großartiges Konzert, viel begeisterter Applaus, eine treffliche Hommage auch an die Stadt Freinsheim, die 2024 ihr 1250-jähriges Jubiläum feiert. Diese Saison ist hiermit zu Ende, für die nächste gibt es aber schon das Programm. Sie beginnt mit dem „4. Festival Freinsheim konzertant“ am 4. Oktober, bei dem der Pianist Frank Dupree als „Artist in Residence“ fungiert.

Quelle

Ausgabe Die Rheinpfalz Bad Dürkheimer Zeitung – Nr. 151
Datum Dienstag, den 2. Juli 2024
Rezension Open Air 2024