Rezension Open Air Konzert 2022

Zum Abschluss und Höhepunkt einer ereignisreichen Saison 2021/2022 gab es ein überwältigendes Open Air Konzert mit dem Buschhof Consort und dem Solisten Julius Kircher.

Der Verein Von-Busch-Hof Konzertant bedankt sich bei der Rheinpfalz, bei Frau Kirsch über die überaus sachkundige Berichterstattung  und bei Frau Franck über ihre eindrucksvollen Bilder.

Kultur Regional

Mozart pur: eine Wohltat für die Seele

End- und Höhepunkt der Konzertsaison in Freinsheim war das Freilichtkonzert im Von-Busch-Hof. Auf dem Programm standen dabei nur Werke des Salzburger Meisters, darunter seine erste und seine letzte Sinfonie. Beim Solisten gab es ein Wiedersehen mit einem ehemaligen Musiker der Staatsphilharmonie.

Von Inge Kirsch

Der Hof war eng bestuhlt, voll besetzt, die Atmosphäre freudig bewegt. Besorgt hatte man nach dem Wetter geschaut. Nachmittags gab es zeitweise drohende Düsternis, aber am Abend, zu Beginn des Konzerts, zeigte sich der Himmel blau und weiß bewölkt. Das Wetter hielt. Bis zuletzt war es spannend für die Organisatoren, waren doch Musiker (unter anderem der künstlerische Leiter der Konzertreihe, der Oboist Rainer Schick) an Corona erkrankt und man musste kurzfristig für Vertretung sorgen.Eine Soirée unter blühenden Linden, ein milder Sommerabend und Mozart pur – eine Wohltat für die Seele. Das Orchester Busch-Hof Consort spielt, wie üblich, ohne Dirigenten. Konzertmeister Nikolaus Boewer von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sorgt mit kurzem Nicken für die richtigen Einsätze. Die erste Symphonie KV 16 schrieb Wolfgang Amadé Mozart während eines längeren Aufenthalts in London, im Alter von acht Jahren. Mit kindlicher Freude und einer frappierenden Meisterschaft komponierte er drei Sätze im Stil der italienischen Opera Sinfonia.

Es folgt ein Stück größter Meisterschaft: das Klarinettenkonzert A-Dur KV 622. Mozart schrieb es 1791, kurz vor seinem Tod. Die Klarinette war zu Mozarts Zeiten ein neues Instrument. Das Klarinettenkonzert (und das Klarinettenquintett) schrieb er für seinen Freund und Mitbruder der Freimaurerloge Anton Stadler. Der hatte sich eine Klarinette bauen lassen, die die Töne der A-Klarinette um eine Terz nach unten erweiterte. Die Faszination mit den musikalischen Möglichkeiten der Klarinette wird überdeutlich. Die ungemeine Beweglichkeit, der enorme Tonumfang, die sanften wie die starken Töne, die Vielfalt des Ausdrucks, das ist zu erfahren in diesem Konzert. Die Klarinette ist der Mittelpunkt.

Der Klarinettist Julius Kircher steht in der Mitte des Podiums, das Orchester bildet einen Halbkreis um ihn herum, alles ist auf ihn konzentriert. Mit ungeheurer Konzentration lässt er alle Qualitäten seines Instruments hören – ein ungemein bewegliches Spiel. Die dunklen Töne wirken fast wie die eines zweiten Instruments, wie eine Begleitung, ein Echo oder ein Kommentar zu den höheren Lagen.

Feinste Abstufungen der Dynamik, minuziöse Verzögerungen, immer perfekt abgestimmt mit dem Orchester, klingen wie melancholische Anwandlungen, gedankenvolle Stille inmitten fröhlicher Stimmungen. Das Adagio geht zu Herzen, sehnsuchtsvolle Pianissimi, aber auch kraftvolle Crescendi, tiefste Gefühle.

Auf der Wetterfahne auf dem Dach der Zehntscheune des Von-Busch-Hofs sitzt eine Amsel und konzertiert kräftig mit. Offenbar fühlt sie sich angeregt durch den Gesang der Klarinette, sie singt ihre schönsten und kräftigsten Koloraturen.

Nach dem Klarinettenkonzert wollte das Publikum gar nicht mehr aufhören zu klatschen. Der Solist war gerührt, das Publikum auch. Wie oft hat man dieses Konzert schon gehört, aber so noch nie. Abseits, in der Pause, gratulierten ehemalige Kollegen aus der Staatsphilharmonie dem Klarinettisten, der jahrelang einer der ihren war und inzwischen Professor für Klarinette an der Musikhochschule Karlsruhe ist. Sie umarmten Julius Kircher, alle waren bewegt und erfreut. Das Instrument, das Kirchner spielte, war allerdings nicht eine Bassklarinette, wie von Mozart und Stadler vorgesehen, sondern eine A-Klarinette, die unteren drei Töne fehlen. Das hat aber niemanden gestört, das hat man auch nicht gehört.

Nach der Pause erklingt Mozarts letzte Symphonie C-Dur KV 551, die „Jupiter“-Sinfonie. Das Orchester wird erweitert, es kommen Pauken und Trompeten hinzu. Dem ersten Satz verleihen sie ordentlich Nachdruck. Muntere und zierliche Melodien werden auf diese Weise fast militärisch, überstrahlt von den Trompeten. Das erst bedächtige Andante wird immer unruhiger, Dramatik entwickelt sich und wird sanft ausgeglichen. Den Zusatz cantabile nahm die Amsel wieder wörtlich, kräftig sang sie mit, besonders die Bläser hatten es ihr angetan. Rasant, aber auch lyrisch und filigran, wieder mit Pauken und Trompeten, gingen die beiden letzten Sätze mit Fröhlichkeit zu Ende. Der kräftige Schluss riss den Pauker fast vom Sitz.

Die Musiker, das Publikum, alle freuten sich, es gab viel Applaus, man war aufgeräumter Stimmung. Besser kann ein Saison-Finale nicht gelingen.

Im Publikum befanden sich, wie jedes Jahr, viele Mitglieder der Harmonie-Gesellschaft Mannheim, 63 an der Zahl in diesem Konzert. Die Harmonie-Gesellschaft ist ein im Jahre 1803 gegründeter Kulturverein, damals unter dem Namen „Casino“.

Nachdem der Hof von Mannheim nach München gezogen war, wollten Bürger mit dieser Vereinigung das kulturelle Leben erhalten und stärken. Auch an anderen Orten wurden Casino- oder Harmonie-Gesellschaften gegründet. Näheres unter www.harmonie-1803.de

Quelle

Ausgabe Die Rheinpfalz Bad Dürkheimer Zeitung – Nr. 147
Datum Dienstag, den 28. Juni 2022
Seite 13