Klavierkonzert Joseph Moog April 2025

Ein sachkundiger, aber gleichwohl enthusiastischer Bericht in der Rheinpfalz von Frau Pohlit vom 7.4.2025

Kultur Regional

Wie ein kosmischer Sternenregen

Pianist Joseph Moog bezaubert im Von-Busch-Hof in Freinsheim

Von Gertie Pohlit

 

Im Freinsheimer Von-Busch-Hof erntete der aus Neustadt stammende, international renommierte Pianist Joseph Moog anhaltende Beifallsstürme. Sein Programm mit Kompositionen der Belle Époque präsentierte manche Rarität.

In der Freinsheimer Reihe „Von-Busch-Hof konzertant“ war wieder einmal ein „Heimspiel“ angesagt; das eines Pianisten, der seine Schwingen weit längst über Kontinente zu den klangvollen Konzertpodien ausgestreckt hat. Und Joseph Moog, in Neustadt aufgewachsen und in der Welt zu Hause, schien das Bad in der regionalen Fangemeinde zu goutieren, drahtete im Übrigen als äußerst charmanter Moderator unverstellt und sympathisch mit dem Publikum, schaffte die rechte Mixtur von musikwissenschaftlichem Fakt und Anekdotischem.

„Belle Époque“ hatte Joseph Moog sein Programm überschrieben. Und er stellte gleich zu Beginn klar, dass es dabei nicht im engeren Sinn um eine Chronik jenes „schönen Zeitalters“ mit seinen Umbrüchen, Dekors und politischen Verwerfungen ging, sondern schlicht um ein Lebensgefühl; eine Idee, deren weitgesteckter zeitlicher Rahmen sich durchaus rückwärts bis in die Ära Schumanns und nach vorne bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts spannen ließe. Es waren diese etwa 100 Jahre ja gerade für die Klaviermusik eine „belle“, eine „schöne“ Ära, in der sie vielgestaltig aufblühte und deren Schätze nachweislich noch lange nicht alle zutage gefördert sind.

Er ist längst bekannt als Fährtensucher, dieser Joseph Moog, dem das vordergründig Spektakuläre ebenso wenig liegt, wie er andererseits mit Forscherdrang dem scheinbar Unscheinbaren nachspürt und bereits manch verschüttetes Kleinod aufs Podium zu heben wusste und weiß. Und so geriet der Abend im proper gefüllten Von-Busch-Hof zu einer höchst spannenden Reise durch das europäische Preziosen-Kabinett der Klavier-Literatur. Nicht unbedingt die Kronjuwelen wurden ausgestellt, aber Schmuckstücke, die man problemlos dafür halten würde.

Den Auftakt machte das furiose Stück „Mélisande“ op. 109, Nr. 5, von Mélanie Bonis: eine jener unzähligen Komponistinnen, die zu Lebzeiten zwischen Unterdrückung und zaghaftem Ruhm Unvergleichliches schufen und danach sang- und klanglos in der untersten Schublade der Musikrezeption verschwanden. Nicht viel anders war es Cécile L. S. Chaminade ergangen, die immerhin seit einem Jahrzehnt in Konzertrepertoires so etwas wie Auferstehung feiert und deren hochdramatische, komplex durchstrukturierte Sonate c-Moll op. 21 wie ein Sommergewitter mit hellen Blitzen herniederging.

Alexander Skrijabins „Allegro“ aus dem Concert b-Moll op. 18 schien Tiger-Pranken einzufordern bei gleichzeitiger Akkuratesse der Kontur. Mit den spätimpressionistischen Werken von Francis Poulenc („Mélancolie“, immerhin erst 1940 geschrieben) und Maurice Ravel, seinen Wasserspielen (Jeux d’eau“), schien auch der Übervater Debussy mit im Boot. Den „Schatz-Walzer“ op. 418 in der fulminanten Klavierbearbeitung des 1882 geborenen Ignatz Friedmann durfte man gerne als Reverenz zum 200. Geburtstag des Wiener-Walzer-Königs Johann Strauß betrachten. Noch artifizieller, noch überbordend virtuoser wirbelte „Triana“ aus dem Klavierzyklus „Iberia“, Spätwerk des spanischen Komponisten Isaac Albéniz, Richtung Auditorium; zumal in der schillernden Adaption durch seinen für allerlei spielerischen Zierrat berühmten Zeitgenossen Leopold Godowsky.

Joseph Moog nun breitete diesen klanglich in allen nur vorstellbaren Farben oszillierenden Teppich aus wie einen kosmischen Sternenregen. Dass sich mit der vorab erwähnten Blüte der Klavierliteratur auch der Anspruch an fingerakrobatische Standards hochschraubte, liegt auf der Hand. Freilich: Technische Präzision und Hochglanz – die waren in jedem einzelnen Moment gegeben, sind aber wohl in der Liga, in der Joseph Moog unterwegs ist, kaum mehr der Erwähnung wert.

Aber alles andere schon. Hochkonzentriert und gerade, jenseits von Attitüde und ausschweifender Gestik, saß der Künstler auf seiner Bank. Seine Hände indes vollführten wahre Wunderwerke, mühelos, flirrend, schwebend. Sie zauberten Atmosphäre, türmten klangliche Kathedralen, durchstürmten die Klaviatur im Jetset-Modus und ließen doch nicht das kleinste Mosaiksteinchen auf dem Weg zurück. Moogs Spiel hatte Biss, Feuer, war mitreißend, nicht selten im reinen Wortsinn atemraubend, dabei aber stets bereit, sich in die befriedeten Sphären zurückzufinden; das Kontemplative, das Behutsame achtsam zu pflegen. Es war ein Spiel, dem sich zu entziehen unendlich schwer gefallen wäre. Aber warum sollte man auch?

Franz Liszt schließlich, der berühmteste Klaviervirtuose des 19. Jahrhunderts, durfte in diesem Kontext auch nicht fehlen, bildete den apotheotischen Schluss der Programmfolge. Mit „La Leggierezza“, entstanden 1848, und seinen drei italienischen Canzonen von 1859 war quasi der Gipfelkunst pianistischer Meisterschaft erreicht. Und Joseph Moog entzündete nochmals ein Feuerwerk an fingertechnischer Brillanz und emotionalem Überschwang.

Es gab großen Beifall und zwei Zugaben mit Schumann und Gershwin.