Fulminantes Finale
Musik der Wiener Schule hörten am Samstagabend etwa 200 Klassikfreunde im Freinsheimer Von-Busch-Hof. Von-Busch-Hof Konzertant präsentierte das Bartholdy Quintett.
Von Birgit Karg
Freinsheim Trotz 2G-Regel und Maskenpflicht im Saal – echte Klassikfreunde lassen sich auch von einem Virus nicht ausbremsen. Die Musiker waren sichtlich froh, ihre Instrumente zupfen und streichen zu dürfen. In der Zehntscheune blickten sie zwar zwei Stunden lang von der schmucklosen Bühne hinunter in halbverhüllte Gesichter, dennoch flossen die Emotionen zwischen Musikern und Publikum.
Angekündigt war ein Abend mit harmonischer Musik, die das Gemüt bewegt. Zu hören waren Meisterwerke aus 105 Jahren Wiener Musikgeschichte, dabei kamen auch unbekannte Seiten des Symphonikers Anton Bruckner und des Opernkomponisten Alexander von Zemlinsky zum Vorschein.
Aus dem 1896 komponierten Streichquintett in d-Moll in vier Sätzen von Alexander von Zemlinsky sind nur zwei Sätze erhalten. Die bestechen mit überbordender Tonalität und hitzigem Temperament. Arabeskenhaft verschlungen, atmen die beiden Ecksätze den Geist einer untergehenden Epoche. Das wurde vom Bartholdy Quintett in seiner engagierten Interpretation überzeugend umgesetzt, dabei gefiel besonders das mit viel Witz gespielte Prestissimo.
Einen reizvollen Kontrast zum Klang des Fin de Siècle bildete das Streichquintett C-Dur KV 515 von Wolfgang Amadeus Mozart. Darin setzt Mozart der Königsdisziplin des Streichquartetts die Krone auf, indem er, der selbst leidenschaftlicher Bratschist war, die fünfte Stimme seines Instruments als Gegenpart und in einen Dialog zur ersten Geige treten lässt. Die Violinisten Anke Dill und Ulf Schneider, Barbara Westphal und Volker Jacobsen an der Viola und der Ensemblegründer Gustav Rivinius am Cello interpretierten das frühe Meisterwerk mit hoher Spielkultur und leichtfüßiger Eleganz.
Mit Spannung erwartet wurde das 1879 komponierte Streichquintett in F-Dur von Bruckner, das zu einem außerordentlichen Hörerlebnis wurde. Das 1884 uraufgeführte Werk besticht auch heute noch durch seinen sinfonischen Charakter und sprengt damit kammermusikalische Genregrenzen. Anklänge an Schubert im ersten Satz entwickeln sich bei Bruckner hin zu vielschichtigen Stimmungslagen, ehe sie sich im Adagio, dem musikalischen Herz des Werkes, in sphärische Dimensionen aufschwingen. Fulminant geriet das Finale.
Hier zeigte sich die flexibel aufeinander eingespielte Kommunikation der fünf Hochschullehrer und Solisten des Bartholdy Quintetts. Seit seiner Gründung spielt das Quintett als eines der wenigen Ensembles seiner Art in fester Besetzung. Es hat seither eine besondere Klangdynamik und Spielkultur entwickelt. So kam besonders Bruckners Streichquintett neugierig, frisch und mit einem Hang zum Rustikalen daher. Insbesondere das Finale wirkte dank seiner lebhaften Steigerungen wie ein Orchestersatz für fünf Streicher, in dem der Komponist in puncto Ablauf und Steigerung alle Raffinessen entfaltete.