Der Freinsheimer Von-Busch-Hof in der Zeit der alten Kurpfalz
Hans-Helmut Görtz. Kurzfassung eines gleichlautenden Vortrags, gehalten am 27. April 2003 im Freinsheimer Von-Busch-Hof anläßlich der Jahrestagung der Pfälzisch-Rheinischen Familienkunde e.V.
Im 13. Jahrhundert war das Dorf Freinsheim mutmaßlich im Besitz der Herren von Bolanden, von denen es wohl im 14. Jahrhundert an die Ritter von Meckenheim überging. Diese waren zusammen mit verwandten und verschwägerten Familien (Kämmerer von Worms, Hund von Saulheim, von der Wittenmuhle) Inhaber von Burg und Gericht. Im Jahr 1406 übergab Gerhard von Meckenheim die Hälfte seines Anteils an Freinsheim dem Pfalzgrafen bei Rhein, der damals als Ruprecht I. deutscher König war, und erhielt ihn als kurpfälzisches Lehen zurück. Damit beginnt die kurpfälzische Oberhoheit über Freinsheim.
Es gab zu jener Zeit in Freinsheim nur zwei Adelsgüter, das sogenannte Burglehen, das die Ritter von Meckenheim mit ihren Gemeinern innehatten, und das Gut, das den heutigen von-Busch-Hof und Nagel’schen Hof samt Ländereien umfasste. Wenn von diesem Gut 1553 gesagt wird, dass es ehedem Johann Leyfardt teils von seinen Voreltern ererbt, teils von denen von Meckenheim erkauft habe, so muß das nicht heißen, dass es aus zwei unterschiedlichen Gütern zusammengekauft war, denn die Familien von Meckenheim und Leyfardt von Heppenheim waren miteinander verschwägert und könnten das Gut zunächst in Gemeinschaft besessen haben.
Mit Johann (‚Henne’) Leyfardt von Heppenheim beginnt die Reihe der fassbaren Besitzer. Er war zugleich der bedeutendste seines Stammes. Um 1450 war er Hofmeister des Grafen Hesso von Leiningen. Sein Urenkel Simon Leyfardt von Heppenheim war der letzte männliche Spross seines Geschlechtes.
Nachdem er um 1550 verstorben war, verkaufte seine Tochter Margaretha, verheiratet mit Philipp Marschall von Üben, im Jahr 1553 das väterliche Rittergut in Freinsheim mit den beiden Häusern. Der heutige von-Busch-Hof wird damals im übrigen das “Leufardts-Haus”, sein Weinkeller der “Leufardts-Keller” genannt, während der heutige Nagel’sche Hof durch seine Lage dem Pfarrhof gegenüber charakterisiert wird.
Der Käufer war Peter Nagel von Dirmstein († 1570). Dieser, ursprünglich in fürstbischöflich-wormsischen Diensten, trat in speyerische Dienste über und wurde speyerischer Amtmann des unteren Lauterburger Amtes mit Sitz in Marientraut, einer ehemaligen Burg bei Hanhofen. Peter Nagel von Dirmstein war mit Margaretha von Heppenheim gen. vom Saale verheiratet und hatte mit ihr zahlreiche Kinder, darunter 4 Söhne.
Sein gleichnamiger Sohn Peter Nagel von Dirmstein (1546-1610) übernahm 1573 in der sogenannten Nagel’schen Erbteilung zusammen mit seinem Bruder Heinrich, Domherr zu Speyer, den Freinsheimer Besitz, den er nach Heinrich’s Tod (1601) dann alleine innehatte. Er ist es, der am Nagel’schen Hof in der Hauptstraße 1588 den heute noch erhaltenen Wappenstein mit den Geschlechterwappen seiner Eltern (Nagel von Dirmstein, Heppenheim gen. vom Saale) und seiner Schwiegereltern (Cratz von Scharfenstein, von Schönenburg/Schomburg) errichten ließ. Peter Nagel von Dirmstein, der keine Söhne hatte, verkaufte sein Freinsheimer Rittergut im Jahr 1604 an Hans Wolf zu Eltz.
Hans Wolf Herr zu Eltz stammte aus dem weitverzweigten Hause Eltz und gehörte der reformierten Linie Eltz-Blieskastel-Rodenkirchen an. Er war ein enger Gefolgsmann der pfälzischen Kurfürsten und begleitete 1613 den Kurprinzen Friedrich auf dessen Fahrt nach England, wo dieser seine Braut Elisabeth Stuart abholte. Nachdem Friedrich V. Kurfürst geworden war, machte er Hans Wolf zu Eltz zum kurpfälzischen Amtmann von Lautern (Kaiserslautern). Friedrich V. ließ sich bekanntlich auf das “Böhmische Abenteuer” ein, löste damit den Dreissigjährigen Krieg aus und ging als “Winterkönig” in die Geschichte ein. Hans Wolf zu Eltz musste Kaiserslautern 1621 verlassen, als die Spanier einrückten. Er lebte danach vermutlich in Worms, der Heimatstadt seiner Ehefrau Maria Kämmmerer gen. von Dalberg, und dürfte nach 1640 gestorben sein.
Das Freinsheimer Gut ging an seinen Sohn Philipp Samson und dann an seinen Enkel Johann Adolph über, der 1659 in der Freinsheimer Burg eine Schwägerin des damaligen Burgherren Heinrich von Geispitzheim heiratete. Das Gut blieb in Eltzischem Familienbesitz bis zum Jahr 1737. In diesem Jahr erwarb es der kurpfälzische Vizekanzler Johann Bartholomäus von Busch.
Das Buschische Hofgut in Freinsheim – obgleich in Stiftungsbesitz – wurde von der französischen Besatzung wie viele andere Adels- und Kirchengüter als Nationalgut in Mainz zur Versteigerung gebracht.
Der Nagelsche Hof ging 1808 an Karl Parcus und Jakob Mülhens, der Von-Busch-Hof 1809 an Ludwig Becker. Dieser verkaufte den Von-Busch-Hof offenbar sofort wieder weiter, und zwar an den Mainzer Kaufmann Schönemann, von dem ihn 1810 Freiherr Kasimir von Frayss erwarb.
In Frayss’schem Besitz blieb der Von-Busch-Hof gut 40 Jahre.
Nach einer Zwischenbesitzerin namens Fuchs erwarb ihn dann 1853/54 der damalige Freinsheimer Bürgermeister Christian Reibold.
Dessen Urenkel war Dr. Fritz Kausch, Sohn von Rudolf Franz Kausch und Helene Luise Reibold.
Duplizität der Ereignisse:
Der Von-Busch-Hof wurde zum zweiten Mal in eine Stiftung eingebracht: Dr. Kausch stiftete ihn vor nunmehr gut 25 Jahren der Stadt Freinsheim, die ihn im Rahmen der Stadtsanierung in das heutige bauliche Schmuckstück verwandelte.
Johann Bartholomäus Busch’s Vorfahren väterlicherseits stammten aus dem Eichsfeld, mütterlicherseits aus Arnstadt in Thüringen. Er selbst wurde 1680 in Duderstadt geboren. Nach dem Besuch des Jesuiten-Gymnasiums in Heiligenstadt studierte er ab 1698 die Rechte an der Universität Würzburg, wo er 1700 das philosophische Magisterexamen ablegte. 1705 wird er an der Universität Erfurt intituliert. Vermutlich war er damals bereits Doktor beider Rechte. Seine Anstellung könnte er wohl bei Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg, Bischof von Worms und Breslau sowie Hoch- und Deutschmeister des Deutschritterordens gefunden haben, denn dieser empfahl ihn 1709 seinem Bruder, dem pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm – mit Erfolg. Denn Busch wurde 1710 zum Professor für römisches Recht an der Universität Heidelberg ernannt, wo er 1712 für ein Jahr zum Rektor gewählt wurde.
Parallel zu seiner Lehrtätigkeit übernahm Busch auch Funktionen im Regierungsdienst: 1712 als Revisionsrat, 1714 als Oberappellationsgerichtsrat. Sein eigentlicher Aufstieg fand dann unter Kurfürst Carl Philipp statt. 1721 wurde er zum wirklichen Regierungsrat mit Sitz und Stimme berufen, eine Funktion, die sich mit der Heidelberger Professur nicht mehr vertrug. Auch wenn er die Professur niederlegte, blieb er der Universität zeitlebens eng verbunden. 1724 zum Geheimen Rat ernannt, zog er mit der Regierung nach Mannheim, dem neuen Regierungssitz, um. 1728 ging er im Auftrag des Kurfürsten als kurpfälzischer Geschäftsträger an den Kaiserhof nach Wien.
Kaiser Karl VI. ernannte ihn zum wirklichen Reichshofrat. Dies war keineswegs als reiner Ehrentitel zu verstehen, im Gegenteil: Er sollte in kaiserliche Dienste übertreten. Doch dazu kam es nicht, denn Busch, der sich dem Kurfürsten gegenüber immer äußerst loyal verhielt, wurde von diesem 1731 zum Nachfolger des verstorbenen kurpfälzischen Vizekanzlers Alois von Metzger ernannt und kehrte nach Mannheim zurück.
Gleichzeitig erhob der Kurfürst Busch und alle seine Nachkommen in den rittermäßigen Adelsstand. Das Wappen, das ihm verliehen wurde, drei aus einem roten Herzen hervorgehende weisse Rosen, ist übrigens in stilisierter Form auf der Windfahne des von-Busch-Hofes zu sehen.
Als Vizekanzler und Oberappellationsdirektor war Busch Mitglied der fünfköpfigen Geheimen Konferenz, also des Kabinetts von Kurfürst Carl Philipp, er war sozusagen der Chefjurist der Regierung. 1738 beantragte Busch die Aufnahme in die Oberrheinische Reichsritterschaft. Eine der Aufnahmevoraussetzungen hatte er bereits erfüllt: er hatte ein Rittergut erworben, denn im Vorjahr 1737 hatte er das Eltzische Gut in Freinsheim gekauft. Die Ritterschaft erwartete aber als weitere Voraussetzung das Reichsadelsdiplom. Busch beantragte also, obgleich er vom Kurfürsten bereits geadelt war, beim Kaiser die Aufnahme in den Reichsadelsstand, die tatsächlich auch im März 1739 erfolgte. Die weitere Aufnahmeprozedur in die Oberrheinische Reichsritterschaft dauerte allerdings so lange, dass Busch es nicht mehr erlebte.
Am 24. Juni 1739 starb er plötzlich und unerwartet an einem Schlaganfall und wurde in der Mannheimer Unteren Pfarrkirche St. Sebastian bestattet. Sein dortiges Grabmal fiel leider einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg zum Opfer.
Wer waren seine Hinterbliebenen? Neben seiner Witwe Anna Clara von Busch geb. Serarius waren dies die beiden Söhne Gottfried und Alois und die drei Töchter Katharina, Agnes Margaretha und Regina. Die Witwe stiftete im Folgejahr 1740 zusammen mit dem erwachsenen Sohn Gottfried den Freinsheimer Katholiken einen zu ihrem Freinsheimer Gut gehörigen Bauplatz für die Erbauung von Kirche und Pfarrhaus. Es ist eben der Platz, auf dem heute das sogenannte alte Pfarrhaus (erbaut 1747/48) und die katholische Kirche (erbaut 1770-1773) stehen.
Gottfried von Busch (1713-1779) stand, als sein Vater starb, bereits als Regierungs- und Oberappellationsgerichtsrat in kurpfälzischen Diensten. Wie sein Vater und Kurfürst Carl Philipp stieg Gottfried unter Kurfürst Carl Theodor (reg. 1743-1799) auf. Seit 1764 hatte er das Amt des Vizekanzlers kommissarisch und ab 1775 auch de facto inne. Gottfried starb unverheiratet 1779 in Mannheim.
Sein jüngerer Bruder Alois (1726-1796), ebenfalls studierter Jurist, war zunächst Hofgerichtsrat und erhielt 1754 auf Vermittlung seines Bruders die Stelle des Oberamtmanns in Ladenburg, die er bis an sein Lebensende behielt.
Alois, der wie sein Bruder sein Lebtag unverheiratet blieb, scheint besonders am Freinsheimer Familiengut gehangen zu haben, für dessen Verbesserung und Verschönerung er offenbar erhebliche Summen aufwandte. Als er im Mai 1796 in seinem Mannheimer Elternhaus in C1,2 auf dem Sterbebett lag, ließ er einen Notar rufen und machte sein Testament. Hierin setzte er geringfügige Legate für seine Verwandtschaft aus und bedachte recht angemessen seine Dienerschaft. Den Hauptteil des Familienvermögens jedoch, einschließlich des Freinsheimer Gutes, vermachte er den Mannheimer Katholischen Hausarmen und zwar in der Weise, dass nach Erfüllung der Legate und Bezahlung der Schulden sein gesamtes Vermögen versteigert und der Erlös gegen Zins verliehen werden sollte, wobei die eingehenden Zinsen den Mannheimer Hausarmen zugute kommen sollten. Nur drei Tage, nachdem Alois von Busch seinen letzten Willen mit zittriger Hand unterschrieben hatte, starb er.
Die Kommission, die die Regierung berief, um die Buschischen Stiftungsangelegenheiten zu regeln, hatte viel zu tun. Die Ermittlung des Vermögens erbrachte eine Gesamtsumme von über 140 000 Gulden, wobei allein das Freinsheimer Gut auf 40 000 Gulden veranschlagt war. Dieses Gut, wie auch alle linksrheinischen Vermögenswerte für die Stiftung zu realisieren, war allerdings nicht möglich, denn die linksrheinische Pfalz war seit 1794 von den Franzosen besetzt und das Gut stand unter Sequester. Die Buschische Stiftung war und blieb dennoch die größte Mannheimer Privatstiftung, bis sie letztendlich – durch Inflation und Krieg dezimiert – nach dem 2. Weltkrieg mit anderen Mannheimer Privatstiftungen zu den sogenannten “Vereinigten Stiftungen” zusammengefasst wurde. Unter diesem Namen existiert sie heute noch.